Simulation der Bühnensituation, Ausschnitt aus Satz I
MIDI-Version, 1min13sec, 2.5Mb
Partiturausschnitt Satz I
2 Abbildungen der Bühnensituation (links: Violine - rechts: Violoncello)
Die Projektion erfolgt auf schwarzen Untergrund, so daß der eigentliche Bildrand nur bei sehr hellen Bildern sichtbar wird (s.QT-movie)
NUT für Violine, Violoncello, Klavier, Tonband und computergeneriertes Licht (2001/02)

NUT ist das Geschwisterstück zu PTAH. Wie in diesem Stück geht es in NUT auch um den Versuch musikalisch-optische Vorgänge synästhetisch neuartig zu formulieren. MUSIK und LICHT entspringen einer gemeinsamen kompositorischen Idee, die sich nur jeweils medienspezifisch anders entfaltet. NUT und PTAH sind nicht nur fremd klingende Namen, sie bezeichnen auch Vorstellungswelten, die seit Jahrtausenden versunken sind, seltsamerweise aber einen mythischen Kern besitzen, der von faszinierender Mächtigkeit ist. PTAH und NUT bezeichnen zwei altägyptische Lokalgottheiten, die im Laufe ihrer antiken Geschichte zu überregionaler Bedeutung aufstiegen. Ihnen gemein ist ein ganzheitlicher Wirkradius - PTAH der Schöpfergott, zunächst nur auf die ägyptischen Steinmetze, Metallgießer und Handwerker in Memphis beschränkt, wurde zum Sinnbild menschlichen Schöpfertums schlechthin - anders als viele seiner Kollegen im ägyptischen Pantheon wurde er stets in menschlicher Gestalt dargestellt und kennzeichnet damit die menschliche Fähigkeit auch nicht-materielle Welten errichten zu können. Zuletzt galt er als Schutzgott aller schöpferischen Menschen, d.h. vor allem der Schreibkundigen und Künstler, also denen, die geistige Gebäude erschufen.

NUT hingegen ist die altägyptische Göttin der Nacht, die ein merkwürdig zwitterhaften Charakter besitzt: einerseits werden die Gestirne am nächtlichen Himmel auch "Kinder der Nut" genannt, wodurch NUT als ein den (iridischen) Kosmos als Ganzes umfassendes, d.h. schützend-bergendes Wesen charakterisiert werden kann, andererseits aber ist sie seltsam gewalttätig, nämlich dadurch, daß sie jeden Abend die Sonne verschling, durch ihren Leib wandern läßt, um sie am nächsten Morgen stets neu hervorzubringen. Beide mythischen Gottesbilder beschreiben in elementarer Weise das, was seit Anfang an den Menschen bestimmt hat: einerseits die Empfindung für einen Aufenthalts-ORT (eine Spähre / NUT), in der sich andererseits ein INDIVIDUUM (Subjekt / PTAH) durch sein schöpferisches Tätigsein als Mensch definiert. Diese Doppelsicht (von "Innen", von "Aussen") auf die Welt ist unmittelbarer Grund für den synästhetischen Ansatz beider Werke; in einem durchaus als neomythisch zu bezeichnenden Sinn werden kompositorische Idee, musikalisches Know-How, HiTech, Digitale Medien, Raumdisposition und Klang als parallel montierte, synthetisch erzeugte "Kunst"-Welten verstanden.