IANUS
für Orchester und obligates Klavier (1996/99-00)

Der altrömische Gott IANUS - der Doppelsichtige - ist mythisches Symbol des Übergangs. Er steht sowohl für den Jahreswechsel, als auch für markante Punkte in einer Landschaft / Architektur. Sein Gesicht fand sich auf Türschwellen und Triumphbögen, stets in beide Richtungen blickend - den Ankommenden begrüßend, den Gehenden verabschiedend. Aber er ist auch rätselhaft, sein Geheimnis unergründlich. Das einem zugewandte Gesicht verbirgt stets ein anderes, nicht verständliches; dadurch erhält er nicht nur eine seltsam geheimnisumwitterte Aura, sondern wirkt auch seltsam bedrohlich. In ihm aufgehoben sind (im doppelten (sic!) Wortsinn) Zukunft-Vergangenheit, Ankunft-Abschied, Nähe-Ferne. Er steht somit auch für den unfaßbar-flüchtigen Zustand, den wir "Gegenwart" nennen.

IANUS, der dem "Wendemonat" Januar zugeordnete Gott, wird in diesem Werk Sinnbild für den musikalischen Blick nach vorn und zurück, und, da es immer die gleiche Person ist, die den Blick schweifen läßt, auch zur Metapher für die Gleichzeitigkeit der diametral entgegengesetzten Blickrichtungen; kompositorisch gesprochen steht dies für die Erfindung musikalischer Objekte, in denen vergangene und zukünftige "Welten" nicht nur analytisch wiederzufinden sind, sondern in denen - im besten Fall - auch der dialektische Umschlag zu etwas Klingend-Neuem gelingt.-

B E S E T Z U N G: 3 (3. auch Pic), 3, 3 (3. auch Bass-), 3 (3. auch Contra-); 4, 3, 3, 1, 2Hrf, 6 Schlagz., 1 (obligates Solo)Klav., 12,10,8,8,5 (mindestens)

Partitur-Ausschnitt aus: IANUS, Satz III (Viertel 147)