CHTHON - Opera Media für zwei symmetrisch gebaute, verstärkte Klanggruppen
und Elektronisches Bühnenbild (gemeinsam mit Ivar Smedstad - 1998/99)

In Chthon (gr. Erde) werden optische und musikalische Chiffren entwickelt, die die Natur im weitesten Sinn zum Vorbild haben, dies sind: Wachstums- und Vergehensprozesse, so wie sie unser Bild von der Natur prägen. Das Bildmaterial für die intermediale Komposition wurde in Island und Norwegen gedreht, anschließend digitalisiert und im Rechner weiter bearbeitet; die Komposition der Musik war zum Zeitpunkt der Videoaufnahmen bereits fortgeschritten, so daß bei Beginn der Bildmontage die musikalischen Objekte zur Erarbeitung ihrer optischen Entsprechungen zur Verfügung standen.
Die Komposition Chthon teilt sich in fünf ineinander übergehende Sätze, mit jeweils satztypischen Motiven:

Musik
1 Aurora (sehr langsam)
2 Printemps (Hymnus, mäßig schnell)
3 Chthon (ruhig)
4 Autumn (rasch)
5 Abend (sehr langsam)

Video
1 (ohne Bild)
2 Wasser/Erde
3 Erde/Dampf
4 Wasser/Dampf
5 Erde/Wasser

 

 

 

 

Ausschnitt aus: CHTHON, Satz II

Videoausschnitt Chthon: 60 sec, 2.1Mb

Die Satzüberschriften des Komponisten sind nicht als Bildvorgaben des Videokünstlers zu verstehen. Dieser entwickelt eine (zunächst) von der Musik unabhängige Bildsprache. Vor der eigentlichen Montage, die die Synchronisierung von Bild und Musik vollzieht, entstehen in sich geschlossene optische »Grains«, die in einem zweiten Schritt dynamisiert und zu optischen »Objekten« zusammengefügt werden. Die aus mehreren »Grains« bestehenden Bild-Objekte nähern sich der Musik nicht nur über vergleichbar komponierte Groß- und Binnenstrukturen an, sondern werden in einem weiteren, durchaus widerstandsreichen Arbeitsprozess »verklanglicht«. Der Grund für den Widerstand liegt darin, daß die Medien als autonome, streng geordnete Vorstellungswelten einander ausgesprochen zögerlich bedingen – je nach Stand ihrer Entfaltung im gelungenen ästhetischen Objekt. Der Versuch, optische und musikalische Strukturen zuerst als in sich schlüssige Ausdrucksobjekte zu formulieren, um sie dann einander anzunähern, entstand aus der Erkenntnis, daß beide Medien zwar über eine differenzierte Parametrisierung vergleichbar komponierte Strukturen zulassen, die Gleichheit ihrer Zeitgestaltung aber überhaupt nichts aussagt über ihre synästhetische Wechselwirkung in Auge und Ohr desZuschauers. Im Mittelpunkt der künstlerischen Absicht stand somit die Entfaltung zweier medienspezifischen Auren, die sich seltsamerweise, auch dies eine Erkenntnis des widerstandsreichen Prozesses, einer disponierenden Planbarkeit entzogen; damit wurde die Arbeit an Chthon zu einem Experiment auf unabgesichertem Terrain. Nach der ersten, vergleichsweise schnell erzielten strukturellen Übereinkunft wurde so das praktische Experiment zum wichtigsten Werkzeug: in einem dialogischen Prozess wurden wieder und wieder Bilder eines thematischen Komplexes mit Ausschnitten der dafür vorgesehenen Musik (von der es eine elektronische Vorversion gab) konfrontiert. Nach und nach entstanden, fast absichtsfrei, optische Lösungen für musikalische Vorgaben, die denen der Musik (auch) strukturell ähnlich wurden. In Chthon wird weder eine Geschichte erzählt, noch kommt die abgebildete Natur als kommentiertes Objekt vor, gleichwohl ist sie das, was mit »virtuell actor« passend umschrieben werden könnte. Was genau entstanden ist, läßt sich also kaum beschreiben, eher das, was für die Künstler Antrieb war: Staunen, Faszination, Zauber der Einzelheit, Magie des Ortes.