15 02 1994, Folkwang Hochschule, Essen
In meinen Ausführungen möchte ich auf die kompositorischen Ideen eingehen, die mich in den letzten Semestern meines Studiums vorrangig beschäftigt haben. In der Folge möchte ich, nach einer grunsätzlicheren Einführung die 4 letzten Stücke vorstellen und auf eines davon genauer analytisch eingehen.
In einer medialen Gesellschaft, die geprägt ist von einer alles durchdringenden Anwesenheit akustischer und visueller Reize stellen sich auch neue Fragen zur Funktionalität der Sprache derer, die mit Formen von Akustik und Vision gestalterisch umzugehen versuchen. In einer Zeit, in der die Ideologien zerbröckeln und die Religion der Wissenschaft ihre geistige Armut zeigt, ist die Gefahr zu spüren, den Kontakt mit der Bedeutung überhaupt zu verlieren. Die Problematik des Medialen zeigt sich vorallem in und durch die Medien selbst. Als Text auf der Suche nach Kontext riskiert die Kunst, für die Wandlungsfähigkeit ihrer Produkte zu büßen, solange sie fortfährt, ihre Positionen innerhalb jener Strukturen zu bestimmen, die Bedeutung erzeugen, wie Wittgenstein sagt: "Als Punkte sind Kunstwerke nicht Material mit Inhalt, sondern Positionsangaben innerhalb der Interaktion in einem Kontext".
Der Komponist von heute sieht sich einer Zuhörerschaft gegenüber, deren Rezeption durch Massenmedien primär visuell geprägt ist und deren Imaginationsvermögen begrenzt wird durch die ständige Insistenz von Realitäten. Diese Überrealität als reproduzierbarer Abbildung war für mich Anlaß, mich mit der Thematik des Bildlichen in der Musik zu befassen, mit der Motivation, neue Erkenntnisse darüber zu gewinnen, inwieweit visuelle Eindrücke in der Lage sind, einen kompositorischen Prozeß im Sinne eines Materialgedankens zu bestimmen und gleichzeitig inwieweit dieser kompositorische Prozeß Bildlichkeiten generieren kann, die mit den bildnerischen nicht vergleichbar sind. Die Geschichte der Musik, die Bilder als Impression in musikalische Sprache transformiert geht weit zurück. Die Umsetzung von konkreter Realität in eine kompositorische Idee findet sich sowohl in der Darstellung von Naturzuständen der Bibel in barocken Oratorien und Passionen, findet sich programmatisch und großformal bei Vivaldi, bindet bei Beethoven den Aspekt des Erzählenden und des reagierenden Gefühls mit ein, bis bei Debussy in den Préludes Vorspiele auf ein Bild entstehen, das den Ausdruck einer gefühlsmäßigen Disposition und eines bildnerischen Zustands darstellt, der nicht programmatisch die Musik bestimmt und erklärt, sondern vielmehr als eine zusätzliche Empfindungsgröße die Wahrnehzmung dieser ausformulierten Akustik bereichert. Musikalisch werden trotz starker zeitlicher Strukturierung Bilder im Sinne eines fließenden Figur- Grundverhältnisses aus dem Material reliefartig hervorgehoben und formulieren so den inneren Zustand des Materials als Geheimnis der Oberfläche.
Das erste Stück, cinema color für vier Schlagzeuger und Tonband ist der Versuch, Aspekte des Films für eine musikalische Komposition, eine externe Technik als Möglichkeit einer äußeren Einwirkung auf ein Instrumentarium anzuwenden. Eine Abfolge abstrakter und deskriptiver Begriffe, diente als Grundlage zur Übersetzung in kompositorische Ideen und als Träger einer assoziierten Handlung zwischen inhaltlichen und technischen Zuständen.
Abb. 1
Die dem Stück zugrunde liegende Idee betrifft den Begriff der Kolorierung, die sich in der Notation in der Unterscheidung zwischen Ton- und Geräuschfarbe niederschlägt. Aus einer einfachen melodischen Zelle mit zunehmender Intervallgröße werden Verläufe entwickelt, die durch das ganze Stück hindurchgehend, verschiedene Zustände der Farblichkeit beschreiben. Es entsteht ein unterschiedlich dichtes Farbband, das, bezugnehmend auf die verschiedenen Materialeinwirkungen und die Bedeutungsfelder außerkünstlerisch geprägter Instrumentarien die gesamte musikalische Struktur einfärbt. Die Metaphorik einzelner Instrumente und deren Verwendung als gezielte Klangassoziation wird bewußt verwendet, um die entstehenden Bildlichkeiten voneinander abzugrenzen und ihre Erkennbarkeit zu unterstützen. Die verhallten Klänge einer Mundharmonika vom Tonband werden dem Schlagzeugklang zusätzlich an einigen Stellen als Spektrum hinzugemischt und tauchen die bestehenden Klanglichkeiten in eine übergeordnete Farblichkeit. Diese konzeptionelle Verzahnung durch die Farben im Verständnis eines kontinuierlichen Parameters verbindet die beiden Medien im Sinne eines klanglichen Gesamteindrucks.
Hören Sie das Stück bis zum Formteil - stehende Kamera - in einer Aufnahme mit dem Düsseldorfer Schlagzeugensemble.
Klangbsp. 1
Die Manifestation eines Eindrucks führt zur Problematik von Statik und Übergang. Diese ist eine entscheidende insofern, als es eine wahrnehmungspsychologische Determinanz gibt, die den Zeitraum bestimmt, in der ein Materialzustand unveränderlich sein muß um als solcher erkannt zu werden, gleichzeitig aber ein Übergang notwendig ist, der schlüssig in den nächsten Zustand führt.
Betrachten wir hierzu Beethovens 6. Sinfonie, den Übergang vom Sturm zu den heiteren Gefühlen danach: Zwei unterschiedlichste Bilder werden miteinander verzahnt, indem sie übereinandergelegt werden, während die Elemente des Neuen zunehmen und die des Alten abnehmen. Die Bestätigung der Tonart C am Ende des Sturmteils ist nicht dominantisch zur Zieltonart F formuliert. F wird eingeführt, wie eine Überblendung zwischen zwei Bildern bis beide Tonarten gleichwertig in der Doppelquinte nebeneinanderstehen, bevor die Durterz A von F das neue Bild hervorbrechen läßt.
Eine äußere Wahrnehmung wird zur Art und zum Anlaß der Veränderung des Materials. Dessen Wandelbarkeit wird so nicht immannent gesteuert, sondern entsteht hier in dem Reagieren auf die neue Perspektive im Sinne einer neuen Sichtweise auf das Material. Die musikalische Auseinandersetzung wiederum führt zu einer Bildhaftigkeit, die den Abstraktionsgrad des kompositorischen Denkens mit einbezieht. Die Idee über Etwas wird zur Idee in Etwas. Die so entstehenden Bildhaftigkeiten sind von gänzlich anderer Natur als die visuellen, obwohl sie in den Termini wie Materialqualität -und -gebrauch, Symmetrie und goldener Schnitt, Farbverlauf, Oberfläche und Tiefenstruktur erkennbare Übereinstimmungen zeigen. Der Unterschied ist ihre Konkretion abhängig von der Realisation in der Zeit. Realisation wird zur musikalischen Realität.
Aus den Auren für Ensemble war mein erstes instrumentales Stück, das zu dieser Thematik bezug nehmend, versucht sehr unterschiedliche klangliche Bildhaftigkeiten miteinander zu verbinden, unter der Vorgabe, die Übergänge möglichst so zu gestalten, daß der musikalische Eindruck eines quasi assoziativen Übergangs von einem zum anderen Zustand entsteht. Hierbei nahm ich ein untergeordnetes Element des vorhergehenden und machte es zum Ausgangspunkt und zum Inhalt des darauffolgenden. So sollte der innere Zusammenhang von scheinbar nicht zusammenhängenden musikalischen Strukturen gewährleistet werden, ohne ihre Manifestation und damit ihre Erkennbarkeit als klangliche Autonomie durch den frühen Einsatz eines Übergangs zu Neuem anzutasten. Zusätzlich ist der Aufführungsraum während des gesamten Stückes durch ein Zuspielband akustisch in zwei Teile geteilt: Während links das sehr nahe Plätschern eines kleinen Baches zu hören ist, erklingt von rechts aus einiger Entfernung das Zwitschern tropischer Vögel. Durch die Hinzunahme elektronischer Medien entsteht eine Schnittstelle zur konkreten Realität, die in der Lage ist Zustände zu selektieren und durch ihre Herauslösung aus naturgegebenen Komplexitäten Räumlichkeiten entstehen zu lassen, die in einer bewußt nicht möglichen Zusammenstellung neue Aufführungsmöglichkeiten suchen. Diese entstehen als eine Art bewußtgemachter Realität, als künstliche Schaffung eines nicht vorhandenen Aufführungsortes. Das Trugbild des Raumes wird zur atmosphärischen Umgebung des Stückes und ist als Reaktion auf die Widersprüchlichkeit zwischen anachronistischer Konzertpraxis und der Formulierung neuer und damit neu rezipierbarer musikalischer Inhalte zu verstehen.
Sie hören Aus den Auren ab dem Teil 4 - Hallen - ( S.22 ) mit dem Ensemble GO AHEAD Düsseldorf.
Klangbsp. 2
( Abb. 2 auflegen )
In diesem Zusammenhang ist die Kombination zwischen instrumentaler und elektronischer Musik eine Möglichkeit neue Räume in der Formulierung solcher abstrakter Bildlichkeiten zu finden. Die Option des extremen Umgangs der Elektronik mit fast allen Parametern führt zu einer neuer Sichtweise der Körperlichkeit des Instrumentalen und somit zu einer Bildhaftigkeit, die nicht nur in der Gegensätzlichkeit menschlicher und maschineller Ausführung besteht. Die fließende Form entsteht hier nicht nur formal, strukturell sondern durch die Räumlichkeit in der Darstellung des musikalischen Inhalt zwischen zwei Medien, eine Thematik, mit der ich mich in dem Stück Wiegenlied, Brentano beschäftigt habe. Mehrkanaltechnik, Phantomschall und künstliche Raumgrößen und-eigenschaften beschreiben diesen Ort rein musikalischer Natur, der nur im Zeitpunkt des Erklingens Ähnlichkeiten zu architektonischen Räumen aufweisen kann mit dem Unterschied nicht an einen real existierenden Ort gebunden zu sein.
Da für mich von vorneherein feststand in der Textbearbeitung primär klanglich orientiert zu arbeiten benötigte ich einen Text, der von seiner Art her nicht die Notwendigkeit einer Textvertonung in sprachlicher Semantik verlangte: Das Wiegenlied von Clemens Brentano bildet mit seiner primär klanglichen Wirkung, der eine begrenzte Semantik gegenübersteht, die phonemische Grundlage sowohl des Vokal- als auch des Tonbandparts.
Ich lese das Gedicht vor:
Singet leise, leise, leise
Singt ein flüsternd Wiegenlied
Von dem Monde lernt die Weise
der so still am Himmel zieht.
Singt ein Lied so süß gelinde
Wie die Quellen auf den Kieseln
Wie die Bienen um die Linde
Summen, murmeln, flüstern, rieseln.
Bei einer statistischen Analyse der Buchstaben ohne ihre phonemische Gestalt fallen die Eigenheiten des Gedichtes noch deutlicher auf und spiegeln dessen hohe Ausgewogenheit in der sprachlichen Klanglichkeit wieder:
- Es besteht hier eine auffallende Gleichverteilung bzw. Symmetrie der Phoneme zwischen den zwei Vierzeilern.
- Deren quantitative Verteilung weist starke Ähnlichkeiten zur Fibonaccireihe auf, wobei die wesentlich, stärkere Gewichtung auf den weichen, klingenden Phonemen offensichtlich ist.
- Das Verhältnis von Silbenzahl zu gesamter Wörterzahl ist exakt 3 : 2
Unter diesen Voraussetzungen versuchte ich nun parametrische Entsprechungen zu finden, die der Ausgangspunkt meiner Komposition bilden sollten:
Abb.2
- Wiegenlied, Brentano - : Formantdreieck und Dynamikzuordnung
- Die Tonhöhen leitete ich von den Zentralfrequenzen
des hohen und tiefen Formantbereichs der menschlichen Stimme ab.
- Zehn Dynamiken werden den Formantbereichen
entsprechend von hoch nach tief zugeordnet; hier zu lesen von oben nach
unten und von links nach rechts.
Abb. 3 und 4
- Entsprechend einer Wiegenbewegung erfand ich
eine rhythmische Zelle: Als rhythmische Übersetzung eines bewegten
Bildes beschreibt sie das Anstoßen, die zwei Viertel Kreis der Hinbewegung,
den Umkehrpunkt und die verkürzte Rückbewegung; Accelerando und
Ritardando sowie das Belebungscrescendo beschreiben die Bewegungszu- und
abnahme des Wiegens, der Umkehrpunkt mit der Geschwindigkeit "null" findet
sich in der Fermate und das größere Crescendo steht für
die Entfernung der Bewegung aus der Sicht des Betrachters.
- Für den gesamtformalen Aufbau wird die
kleinste Dauer der Quintolenachtel auf eine Dauer von 39 Sekunden gedehnt.
Es entstehen 13 Formteile, wenn man den Rhythmus um eine vertikale Achse
spiegelt und die in der Mitte entstehende Pause zusammenfaßt.
- Mit den verschiedenen Gewichtungen zwischen
Chor und Elektronik ergibt sich ein Formverlauf, der klanglich orientiert
ist an einer Lesung der quantitativ abnehmenden Phoneme mit den, aus langen
und kurzen Phonemen zusammengefaßten Hauptdynamiken. Durch die Fokussierung
auf einzelne Phoneme innerhalb eines Formteils werden klangliche Zustände
des Gedichts hervorgehoben und seine Bildlichkeiten akustisch dargestellt
und in andere transformiert.
Exemplarisch werde ich nun einige Verfahrensweisen
darstellen, wie ich sie im Prinzip für das ganze Stück angewandt
habe:
Durch folgende Methode konnte ich aus den Formatbereichen
der menschlichen Stimme Harmonik und Melodie gewinnen:
Abb. 5
Formantbereich i wird mit den Intervallen der
oberen und unteren Frequenz der Formante von I transponiert und umgekehrt.
Es entstehen zwei vierstimmige Akkorde zwischen denen eine sinnvolle harmonisch
melodische Verbindung gesucht wird.
In diesem Beispiel verschiebt sich der obere
Akkord um das Intervall nach F1 von i, der Quinte abwärts, bis er
auf der Höhe des unteren Akkords in diesem umspringt. Das Intervall
nach F2 von i findet sich als interne melodische Bewegung zwischen zwei
Akkorden.
Es folgen einige Beispiele von Ableitungen der
rhythmischen Zelle:
Abb. 6
Im 4. Teil des Stückes benutze ich eine
rhythmische Version, in der sich nur in den angefügten Sechzehnteln
Bewegung in Form von Melodie befindet. In der Kernzelle von fünf Vierteln
wird ein Akkord ausgehalten, der eine Crescendo-, Decrescednobewegung bis
zum Akkzent auf der Mitte verkleinert. Bei zehn Ajoutéesechzehnteln
springen diese in die Haupttaktzeit über und die lange Crescendobewegung
beginnt wieder. Klanglich sollte durch dieses Modell unter Verwendung des
Phonems n der Eindruck eines gedankenverloren, singenden Kindes erreicht
werden.
In Teil fünf benutze ich eine andere Version
der fünf Viertel Hülldauer. Hier wandert der Einsatzpunkt kontinuierlich
und wiederholt sich nach der Hälfte der Dauer. Diese Art rhythmisch
komponierter Fläche sollte bei Akkorden und Glissandi zu einer besonders
hohen Verschmelzung führen und den Einsatz unterschiedlicher Klangblöcke
verwischen.
Mit den Maßgaben von Quantität und
Wiegenrhythmus ( Symmetrie) und dem formal klanglichen Schwerpunkt wurden
verschiedene Arten der Textdarstellung und Verarbeitung entwickelt:
Abb. 7
In Teil zwei benutze ich im Sinne des klanglichen
Schwerpunkts um e alle Endsilben auf e, die auch als verkürzte Version
im Gedicht vorkommen. Die Endbuchstaben werden zum Einsatzpunkt der Silbe
mit dem entsprechenden Anfangsbuchstaben. Durch den Anfangsbuchstaben der
letzen Silbe kann eine Kreisbewegung mit dieser spezifischen Klanglichkeit
erzielt werden.
In Teil drei benutze ich die wiederholten und
die verkürzten Worte des Gedichts sowohl für die ganze Gestaltung
der Form als auch für dessen Klanglichkeit. Gemäß ihrem
Auftreten und ihren Wiederholungen werden sie mit der Semantik ihrer Verkürzungen
aufgelistet und die einzelnen Abschnitte einer Dauer zugeordnet. Analog
zum Wiegenrhythmus wird der ganze Teil Accelerando- und Ritardandobewegungen
unterworfen
Die Anbindung des Tonbandparts verhält sich
formal kontrapunktisch in Vorwegnahme und Weiterführung der vokalen
Klanglichkeit und gewährleistet so, trotz gleicher Inhalte die Unabhängigkeit
beider Medien
Hier ein Beispiel für die Generierung eines
Klangtakes des Tonbandparts:
Abb.8
In einem harmonischen Spektrum vom ersten
bis zum zweiunddreißigsten wird der Akkord des 6., 9.,10., 15.,17.,25.
und 28. Naturtons hervorgehoben. Es entsteht ein Klang der dem Akkord ähnelt,
mit dem das Stück beginnt. Analog dazu wird dieser Akkord auf den
Stufen c0,g0,a0,e1,f#1,c#2,d#2,a#2 gespielt. Sie bekommen eine spezifische
Dynamik und Form im Sinne eines Klangobjekts bestehend aus den Elementen
Crescendo, decrescendo und statischem Verlauf mit zwei Dynamiken von 0dB
und -12db. Es entstehen sechzehn Klänge, die in der Folge eines verkürzenden
Wiegenrhythmus einsetzen.
( Für den Gesamteindruck des Stückes
sind folgende Sachverhalte von Wichtigkeit:
- Symmetrie der Formteile
- Crescendoform in der Dynamik
- Accelerandoform des Tempos
- Entwicklung des Formantklanges von Hoch nach
tief äquivalent zu der Quantitätsabnahme in dem Gedicht )
Hören Sie die Aufnahme der Uraufführung
durch den Astra Choir, Melbourne
Klangbsp. 3
( Abb. 9 auflegen )
Das vierte Stück, das ich ich Ihnen vorstellen
möchte versucht, einen Klang als akustisches Bild nur über die
Darstellung verschiedener Perspektiven seiner Betrachtung, als Bewegung
um ein musikalisches Objekt zu beschreiben. Dem Maß der Mitte
liegt eine Idee zugrunde, die davon ausgeht, eine von Anfang eines
Stückes an bestehende Begrenzung der Tonhöhen durch Dynamik,
Geschwindigkeit und Tempo auszugleichen. Die darin liegenden Möglich-
und Unmöglichkeiten bestimmen Virtuosität und Kürze des
Stücks, die damit versuchen Formen der Reduktion von Informationen
zu kommentieren, die durch die Entwicklung elektronischer Medien auch auf
künstlerische Prozesse übergreift. Das Stück geht von dem
Verständnis seiner Inhalte als musikalischen Objekten aus. Im Gegensatz
zu Zitaten definiere ich hier Objekte als neutrale Elemente kontextloser,
musikalisch primärer Natur. Es besteht nur aus einem solchen Objekt,
einem diatonischen Akkord aus sieben Tonhöhen. Die Graphik verdeutlich
seinen Verlauf:
Abb. 9
Ein diatonisch, fast statisches Klangband aus
gestrichene n Klaviersaiten besteht so lang wie einzelne Elemente zur Weiterverarbeitung
aus ihm herausgelöst werden. Nach kürzester Zeit, in der die
Tonhöhen durch Temposteigerung, extreme Lagen und Geschwindigkeiten
quasi ausgeglüht werden, wird ein neues Klangband aus Mundharmonikaklängen
hinzugenommen, die den bestehenden Tonhöhenvorrat chromatisch auffüllen.
Nach einer weiteren Steigerung von Tempo, Dynamik und Umfang fällt
das Stück auf seinen Anfangszustand zurück und versiegt, trotz
Hinzunahme eines insistierenden Verharrens auf einem Akkord nach 2'30".
Sie hören eine Aufnahme, wiederum mit dem
Ensemble GO AHEAD Düsseldorf.
Klangbsp. 4
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.