MOON.AMERICAN.FLOYD.
Video auf neun Flächen (15:55, 5 DVDs, 5.1 + 4.0, 2005)

Jede Leinwand, bzw. jede 'bebeamte' Fläche ist einerseits Informationsgeberin (z.B. mittels Handlung oder Narration) und erzeugt konkreten Sinn, andererseits wird jede beleuchtete Fläche zur Lichtquelle (durch Lichtreflektion) und verändert die Aura eines Raums auf abstrakte, d.h. nicht-erzählende Weise. Beide Kategorien bedingen sich einander. Im Sinne Joachim Paechs könnte man ihr Verhältnis als Sonderform der Intermedialität bezeichnen. Dieses Grenzgebiet hat mich interessiert.

In Moon.American.Floyd. wird das gezeigte Material (überarbeitete Sequenzen aus '2001' von Stanley Kubrick und Natur(macro)aufnahmen von mir) einerseits musikalisiert, d.h. musikalischen Ordnungsprinzipien unterworfen, wodurch es seinen ursprünglichen (narrativen) Zusammenhang verliert, andererseits wird die unmittelbare Bildwertigkeit hervorgehoben, die durch Bewegung, Farbe, Helligkeit etc definiert ist. Auf diese Weise entstehen zwei Dinge gleichzeitig:
- narrative 'Inseln', d.h. 'Sinnräume' (oder 'Sinnstörungen') und
- optische Strukturen, die den realen Raum durch Farbe, Helligkeit und Bewegung verändern.

Ergänzend zu der bildinternen Bewegung, die durch Kamera- und/oder Objektbewegung entsteht, führe ich eine polyphone 'Aussen'-Bewegung, d.h. eine am Rechner erzeugte künstliche Bildbewegung ein, mittels derer die o.g. zeitbezogenen Ordnungsprinzipien auch auf Bildgeometrie und -ausschnitt anwendet werden.

Allerdings sind funktionale Zuordnungen der Bildsequenzen zu den genannten Kategorien nicht eindeutig möglich. Das 9-fach geteilte Video (es sind nicht 9 Videos!) balanciert auf der Grenze zwischen 'bloßem Licht' und 'erzählender Handlung'. Übergänge zwischen beiden Kategorien sind fließend. Je nach Standpunkt, - der nicht nur durch filmisch-musikalisches Vorwissen definiert ist -, erscheinen bestimmte Passagen der einen oder anderen Kategorie zugehörig, sind also vertraut oder fremd, fasslich oder unverständlich, klar oder geheimnisvoll, nachvollziehbar oder willkürlich usw., kurz: das Stück entzieht sich einer Eindeutigkeit. Trotzdem teilt sich 'Etwas' mit: eine inhaltliche Gesamttendenz, eine komplexe Struktur, eine polyphone intermediale 'Satztechnik', bestimmte farbliche, klangliche, rhythmische, kompositorische etc. Vorlieben, die mit 'Intensität', 'Energie', 'Prozess' umschrieben werden könnten. Das Stück folgt einer Großstruktur, die nicht nur das Verhältnis Bild-Klang, sondern auch die Beziehungen der (2x4)+1 Bildflächen definiert ('ScreenVoicing'). Andererseits beeinflusst der UraufführungsRaum (Villa Elisabeth, Berlin) selbst das Stück, insofern die Raumteile (vier Arkadenbögen an den Seiten) die Bildteilungen (vierteiliger Splitscreen des Hauptfilms auf der Stirnwand) evozieren.

Ein Zitat des amerikanischen Quantenphysikers Arthur Zajonc, dessen Buch 'Die gemeinsame Geschichte von Licht und Bewußtsein' mich sehr faszinierte, habe ich dem Stück zugeordnet: "Adelard von Bath schrieb im 12. Jhd., Sehen beruhe auf einem 'sichtbaren Atem'. Er nahm an, wir würden äußeres Licht – Lumen – 'einatmen' und das Licht der Bedeutung – Lux – 'ausatmen'..."
D.H. Juni 2005

Premiere 07. Oktober 2005, Villa Elisabeth, Berlin-Mitte - Fotos: Philippe Frese